Ausgabe 07/2016
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Totalausfall - Kürzung der Hilfe zur Pflege durch Sozialhilfeträger

"Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht." (§ 1 Abs.1 Satz 1 SGB XII) - so die Theorie des Gesetzes.

Eine Berliner Empfängerin von Leistungen der Hilfe zur Pflege § 61 SGB XII steht nun trotz Bewilligung durch das Sozialamt ohne Pflege da, wenn sich kein anderer Leistungserbringer findet. Trotz des deutlich höheren notwendigen Pflegeumfanges laut Gutachten des MDK und Befürwortung des vom Sozialamt beauftragten Gutachterdienstes Lexxmed wurde lediglich ein erheblich verminderter Pflegeumfang (Hilfe zur Pflege) durch ein Berliner Sozialamt bewilligt. Der bisher versorgende Pflegedienst sieht sich nicht mehr in der Lage, qualitätsgerecht Pflege zu erbringen. Die Pflege wird mit einer Ankündigungsfrist von vier Wochen demnächst eingestellt werden.

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Sonderzahlungen und Mindestlohn - Erste Entscheidung zum gesetzlichen Mindestlohn

Das Mindestlohngesetz regelt nicht eindeutig, welche Lohnbestandteile zum Mindestlohn von derzeit 8,50 EUR gehören. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.05.2016 klärt erstmals die Frage, ob die neben dem vereinbarten Stundenlohn gezahlten Entgeltbestandteile den Mindestlohn von 8,50 Euro erhöhen oder hierauf anzurechnen sind. Sonderzahlungen, die nur ein- oder zweimal im Jahr gewährt werden, dürfen jedenfalls nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden. Ein monatlich gezahltes Urlaubs- oder Weihnachtsgeld (1/12 hiervon) hingegen darf gemäß des Bundesarbeitsgerichts auf den Mindestlohn angerechnet werden und somit den vereinbarten Stundenlohn erhöhen. Solche Sonderleistungen sind dann als Bestandteil des Mindestlohnes anzurechnen, wenn der Arbeitnehmer diesen Betrag jeweils zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum ausbezahlt erhalten hat, so das BAG. Eine Anrechnung komme jedoch nicht in Betracht, wenn die Zahlung auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung, wie dem Ausgleich der besonderen Belastung bei Nachtarbeit, beruhe. Nachtarbeitszuschläge sind auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohnes von 8,50 Euro zu berechnen. Dies gilt aber laut Bundesarbeitsgericht nicht für Zuschläge für Überstunden sowie Sonn- und Feiertagsarbeit.

(BAG, Pressemitteilung vom 25.05.2016, Az. 5 AZR 135/16)

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Antikorruptionsgesetz

Das neue Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen ist am 04.06.2016 in Kraft getreten. Das Antikorruptionsgesetz wendet sich gegen Bestechung und Bestechlichkeit vor allem bei Ärzten und durch die Pharmaindustrie. Zum "Täterkreis" zählen alle Heilberufsgruppen, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern, d. h. neben Ärzten/-innen werden zukünftig bei Bestechlichkeit und Bestechung z. B. auch Ergotherapeuten/-innen, Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen, Hörgeräteakustiker/-innen, Logopäden/-innen, Optiker/-innen, Physiotherapeuten/-innen u. a. mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bestraft. Bestechungen im Gesundheitswesen werden nach dem neuen Gesetz mit einer Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder einer Geldstrafe geahndet. Besonders schwere Fälle von Bestechung oder Bestechlichkeit werden sogar mit bis zu 5 Jahren Haft bestraft werden. Diese Rechtsfolgen gelten sowohl für die, die bestochen wurden, als auch für die, die bestochen haben.

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Persönliche Anhörung vor Betreuungsanordnung

Mit Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.03.2016 wird nunmehr erneut klargestellt, dass eine persönliche Anhörung der zu betreuenden Person vor Anordnung einer Betreuung durch das Betreuungsgericht unverzichtbar ist. Laut Bundesverfassungsgericht stellt eine Anordnung der Betreuung ohne Anhörung nicht nur eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß Grundgesetz dar, sondern verletzt auch das Recht auf rechtliches Gehör der zu betreuenden Person.

(BVerfG, Urt. v. 23.03.2016, Az. 1 BvR 184/13)

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Umkleidezeit gleich Arbeitszeit

Nach geltender Rechtsprechung zählen Umkleidezeiten als Arbeitszeit, sofern das Tragen von Arbeitskleidung Pflicht ist und diese erst im Betrieb angezogen werden darf. Gemäß der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Frankfurt zählt die Umkleidezeit auch als Arbeitszeit, sofern die Arbeitskleidung stark verschmutzt oder auffällig ist. Im hier vorliegenden Rechtsstreit ist die erforderliche Schutzkleidung des Arbeitnehmers regelmäßig stark verschmutzt und wies im Weiteren ein sehr auffälliges Firmenemblem auf. Laut Gericht kann es dem Arbeitnehmer deshalb, insbesondere aus hygienischen Gründen, nicht zugemutet werden, den Arbeitsweg in dieser Arbeitskleidung zurückzulegen. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, die Umkleidezeit als Arbeitszeit zu vergüten.

(LArbG, Urt. vom 23.11.2015, Az. 16 Sa 494/15)

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Unfall beim Toilettengang

Entgegen der Rechtsprechung bayerischer Verwaltungsgerichte kann sich ein Dienstunfall auch in den Toilettenräumen des Dienstgebäudes ereignen, so das Verwaltungsgericht Berlin. Die Beamtin erlitt eine ärztlich zu versorgende Wunde durch einen Stoß am Fenster in dem Toilettenraum. Die Anerkennung des Ereignisses als Dienstunfall wurde mit der Begründung abgelehnt, dass der Aufenthalt in Toilettenräumen nicht im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit steht und es sich hierbei um eine rein private Angelegenheit mit eigenem Risiko handelt. Das Verwaltungsgericht Berlin sieht das anders und verpflichtet den Dienstherrn dazu, das Ereignis als Dienstunfall anzuerkennen mit der Begründung, dass sich der Unfall während der Dienstzeit am Dienstort ereignete. Ein Dienstunfall setze "einen Körperschaden infolge eines plötzlichen Ereignisses in Ausübung oder infolge des Dienstes" voraus. Ein Zusammenhang des Unfalls mit dem Dienst sei hier gegeben. Der Aufenthalt auf der Toilette ist von der gesetzlichen Unfallversicherung jedoch ausgenommen. Auf das Beamtenrecht sei dies aber nicht übertragbar.

(VG Berlin, Urt. v. 04.05.2016, Az. VG 26 K 54.14)

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