Ausgabe 06/2016
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Kündigung "zum nächstmöglichen Termin"

Das Bundesarbeitsgericht entschied mit Urteil vom 20.01.2016, anders als die Vorinstanzen, dass eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin wirksam ist, obwohl dem Kündigungsschreiben nicht zu entnehmen ist, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis gegebenenfalls ordentlich beendet werden soll. Der von dem Arbeitgeber angestrebte Beendigungszeitpunkt ergibt sich entsprechend der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts aus der vorrangig erklärten außerordentlichen Kündigung. Weiterhin führt das BAG hierzu grundsätzlich aus, dass eine Kündigung so formuliert sein soll, dass dem Empfänger die Absichten des Kündigenden klar werden. So muss der Kündigungsempfänger auch erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet sein soll. Bei einer ordentlichen Kündigung genügt regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Eine Kündigung "zum nächstmöglichen Termin" ist wirksam, sofern dem Gekündigten die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder bestimmbar ist, d. h. die Frist für ihn leicht feststellbar ist und nicht umfassende Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert. Sofern eine ordentliche Kündigung nicht isoliert, sondern nur hilfsweise für den Fall einer unwirksamen außerordentlichen fristlosen Kündigung erklärt, ist der Kündigungsempfänger sehr wohl im Klaren darüber, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Die Beendigung soll dann offensichtlich bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung erfolgen. Hier kommt es auch nicht darauf an, ob die Kündigungsfrist der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung ohne Schwierigkeiten zu ermitteln ist.

(BAG, Urteil vom 20.01.2016, Az. 6 AZR 782/14)

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Kündigung in der Elternzeit wegen Formmangels

Die Erklärung über die Inanspruchnahme der Elternzeit hat zwingend schriftlich spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit zu erfolgen. Die Schriftform ist in den §§ 126 ff. BGB geregelt. Die Erklärung muss demnach vom Arbeitnehmer handschriftlich unterzeichnet sein, anderenfalls ist sie nichtig, so das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 10.05.2016. Eine Erklärung per Telefax ist nicht ausreichend. Eine E-Mail erfüllt nach BGB nur dann die Schriftform, wenn das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist. Im vorliegenden Rechtstreit hatte die Arbeitnehmerin ihrem Arbeitgeber per Fax mitgeteilt, Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch zu nehmen. Die Erklärung ist wegen des Schriftformmangels unwirksam. Somit ist die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung wirksam. Die Arbeitgeberin kann sich nicht auf den Kündigungsschutz gemäß Bundeselterngelt- und Elternzeitgesetz in der Elternzeit berufen.

(BAG, Urteil vom 10.05.2016, Az. 9 AZR 145/15)

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Einsicht in Behandlungsunterlagen

Patienten haben Anspruch darauf, dass der Arzt gegen Kostenerstattung lesbare Kopien von den kompletten Patientenunterlagen fertigt und ihnen zur Verfügung stellt bzw. mit ihrem Einverständnis an die Versicherung herausgibt, so hat das Amtsgericht München mit Urteil vom 06.03.2015 (Az. 243 C 18009/14) entschieden. Ein Zurückbehaltungsrecht des Arztes an den Unterlagen wegen einer noch offenen Behandlungsrechnung besteht nicht, da die Patientenunterlagen mitunter gerade die Feststellung eines Behandlungsfehlers ermöglichen sollen, aufgrund dessen die Zahlung der Rechnung durch die Versicherte oder die Klägerin verweigert wird. Ein Patient hat Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen, ohne dass dafür ein besonderes Interesse dargelegt werden muss. Erfüllt ist der Anspruch auf Herausgabe der Patientenunterlagen in Kopie nur, wenn der Arzt sämtliche Unterlagen in lesbarer Kopie gegen Kostenerstattung zur Verfügung stellt.

(Pressemitteilung des Amtsgerichts München vom 15.01.2016)

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Verhinderungspflege im Ausland

Der 14-jährige pflegebedürftige Kläger machte mit seiner Familie Urlaub in der Schweiz. Während die Mutter des Klägers, die ihn ansonsten pflegt, Ski fuhr, übernahm der mitreisende Großvater als Ersatzpflegekraft stundenweise die Pflege des Klägers. Die beklagte Pflegekasse zahlte das Pflegegeld weiter. Die beantragte Erstattung der Fahrt- und Unterkunftskosten für den Großvater als Aufwendung der Verhinderungspflege in Höhe von 279 Euro wurde aufgrund des Auslandsaufenthalts abgelehnt. Das Bundessozialgericht in Kassel entschied, dass Pflegekassen den Angehörigen eines pflegebedürftigen Familienmitglieds auch im Ausland Ersatzpflege bezahlen müssen um somit die hier entstandenen Fahrt- und Unterkunftskosten zu erstatten hat. Es stelle laut BSG eine unzulässige Ungleichbehandlung dar, wenn die Pflegekasse für die sog. Verhinderungspflege im Inland aufkomme, im Ausland jedoch nicht. Während Leistungen der Pflegeversicherung für die Zeit eines Aufenthaltes im Ausland grundsätzlich ruhen, sieht das Gesetz unter anderem für das Pflegegeld, hierzu gehöre auch das Verhinderungspflegegeld, eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor. Pro Jahr steht einem Pflegebedürftigen, welcher von Angehörigen betreut wird, für sechs Wochen eine Ersatzpflege zu. Die Pflegekasse übernimmt Kosten von maximal 1.612 Euro, wenn die Pflegeperson wegen Krankheit, Urlaub oder aus anderen persönlichen Gründen an der Pflege gehindert ist.

(BSG, Urteil vom 20.04.2016, Az. B 3 P 4/14 R)

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Arbeits- und Wegeunfall

Beschäftigte sind auf dem Weg zur Arbeit gesetzlich unfallversichert. Kleine Unterbrechungen, so das LSG, stehen dem nicht entgegen. Im vorliegenden Rechtsstreit verletzte sich ein Beschäftigter auf dem Weg zur Arbeit, als er morgens sein Fahrzeug von seinem Privatgrundstück fuhr, anschließend das Hoftor schließen wollte und dabei auf eisglattem Boden ausrutschte. Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Entschädigung ab, da der Verunglückte den Weg zur Arbeit aus privaten Gründen unterbrochen habe. Das Verlassen des Autos und das Schließen des Hoftors gilt laut Gericht als in den Hinweg zur Arbeit "eingeschobene Verrichtungen" und stelle wenn überhaupt lediglich eine geringfügige Unterbrechung dar, welche versichert sind.

(LSG Hessen, Urteil vom 02.02.2016 Az. L 3 U 108/15)

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